Meinen diesjährigen Sommerurlaub habe ich mal nicht auf dem Balkan, in Polen oder Tschechien verbracht, sondern es ging nach Norden. Der Länderpunkt Norwegen fehlte mir noch und ich habe einen Besuch dieses schönen Landes (viel zu) lange vor mir hergeschoben.
Der Grund dafür ist eigentlich keiner, sondern eher ein Vorurteil, das zwar nicht komplett falsch, aber auch nicht so wahnsinnig schlimm ist: Die Kosten. Mein Standardspruch war immer „einmal Norwegen ist viermal Polen“. Das mag zwar stimmen, aber irgendwann es musste trotzdem sein. Und dieses irgendwann sollte im August 2024 sein.
Nachdem ich mich also zu einer Tour nach Skandinavien durchgerungen habe, geht es an die Planung. Ursprünglich wollte ich grob im Dreieck Kopenhagen, Stockholm, Oslo bleiben. Das wäre nicht wahnsinnig weit zu fahren gewesen, die Strecken zwischen den Städten sind mit jeweils etwa 6 bis 7 Stunden auch einigermaßen kurz. Bis zu diesem Punkt hörte sich das nach einem verlängerten Städtetrip an.
Bis zu diesem Punkt. Allerdings spukte immer ein Ort in meinem Kopf rum: Das Nordkap. Der nördlichste Punkt Europas. Na ja, zumindest fast. Der nördlichste auf der Straße erreichbare Punkt Europas, der aber gar nicht auf dem Festland, sondern auf der Insel Magerøya liegt. Und selbst auf der Insel geht es an der Knivskjellodden noch über einen Kilometer weiter nördlicher. Aber eben nicht auf der Straße, sondern etwa 8 Kilometer einfache Strecke zu Fuß. Aber gut, wer will hier päpstlicher als der Papst sein.
Das Problem dabei? Das Nordkap ist scheiße weit! Also wirklich. Während es von Stuttgart nach Skopje etwa 1600 Kilometer sind, beträgt allein die Distanz von Trelleborg in Südschweden zum Nordkap fast 2500 km und selbst von Helsinki ist es ähnlich weit, wie die angesprochene Route nach Skopje. Das wird viel, sehr viel Fahrerei. Komplett alleine. Stunden. Tage. Wird mich das davon abhalten? Natürlich nicht! Ich habe mir das Ziel in den Kopf gesetzt und beginne mit der Planung.
Helsinki ist ein gutes Stichwort. Mein Geografieverständnis sagt mir „Fahr nach Schweden und dann an der Küste immer weiter nach Norden“. Das ist prinzipiell richtig, soll aber nicht so schön sein, wie die Fahrt durch Finnland oder an der Westküste Norwegens entlang. Letzteres fällt relativ schnell aus der Planung raus, weil die Route zwar sehr schön sein muss, aber wesentlich länger dauert. Und es auch einige Orte gibt, an denen man nicht einfach nur vorbeifahren sollte. Über Schweden hoch und runter ist irgendwie auch keine Option, denn ich will ja auch etwas mehr Abwechslung und nicht zweimal dasselbe. Also bleibt für die Hinfahrt nur noch Finnland übrig.
Um übers Baltikum zu fahren, fehlt mir die Zeit, auch wenn ich das sehr gerne getan hätte. Wäre mir allerdings bewusst gewesen, dass ich erst am Donnerstagmorgen in Helsinki sein würde, hätte ich es eventuell ins Auge fassen können. Bleibt die Frage, ob 4 Tage nur fahren Polen und dem Baltikum gerecht worden wären. Eher nicht.
Wie komme ich also von Deutschland nach Finnland? Die Antwort ist naheliegend: Mit der Fähre. Ich habe verschiedene Routen recherchiert. Am liebsten wäre ich von Polen aus gefahren, von Swinemünde oder Kolberg. Durch Deutschland muss ich ja sowieso fahren, dann könnte ich auch direkt weiter nach Osten. Leider ist die einzige Möglichkeit ab Gdingen/Gydinia in der Nähe von Danzig, was aber wieder zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Letztendlich habe ich eine Fähre von Travemünde bei Lübeck nach Helsinki gebucht.
Die Route steht also fest, der Tag noch nicht. Ich schiebe die Termine hin und her und kann schließlich eine Menge Geld dadurch sparen, indem ich die Fähre buchte, die am Mittwoch frühmorgens um 2 Uhr ablegt.
Dadurch, dass ich quasi mehr als das ganze Wochenende davor ungeplant „frei“ hatte, baue ich einen Besuch beim Mega in Dresden, sowie zwei Übernachtungen in Stettin ein. Noch einmal entspannen, günstige Lebensmittel einkaufen und etwas cachen.
Deutschland – Helsinki
Als dieses Vorgeplänkel erledigt ist, stehe ich gegen 20 Uhr am Skandinavienkai in Travemünde und warte darauf, aufs Schiff zu können. Ob die Finnstar pünktlich abgelegt hat, kann ich nicht sagen. Denn ich liege schon eine Stunde vorher in meiner Kabine und schlafe.
Die folgenden grob 30 Stunden verbringe ich mit Fernsehen, Essen, Internet, ausruhen, Schiff erkunden, sonnen und generell etwas entspannen. Wir kommen relativ pünktlich gegen 10 Uhr in Helsinki an. Der Plan für den Tag ist klar: Drum rum etwas Cachen, parken, die Innenstadt anschauen, noch mehr cachen.
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Helsinki – Rovaniemi
Ich war 2016 zuletzt in der finnischen Hauptstadt und so kann ich mir eine schöne Tour aus vorzugsweise seit dem veröffentlichten Caches zusammenstellen. GC72 hatte ich damals schon gefunden, dafür fehlt mir die Webcam. Das hole ich vor der Fahrt in die Innenstadt nach.
Das Wetter ist super und der Tag fühlt sich schon ziemlich nach Urlaub an. Ich verbringe einige Stunden in der Innenstadt von Helsinki und erkunde noch einmal eine größere Stadt, bevor sich das ab morgen ändern wird.
Gegen Abend fahre ich in Richtung Pasila, von wo aus die nächste Etappe starten soll: Der Autozug. Über Nacht. Autozüge gibt es in Deutschland ja quasi keine mehr, aber hier passt das perfekt in meine Tour. Während ich schlafe, wird der Zug mich und mein Auto die fast 900 Autokilometer bis an den Polarkreis bringen und am nächsten Tag in Rovaniemi absetzen. So brauche ich keine Übernachtung in Helsinki, ich spare mindestens eine Tankfüllung und vor allem spare ich einen Tag Fahrerei.
Das Auto in den Zug zu fahren ist kein Problem. Nachdem das erledigt ist, muss man etwa 300 Meter zum Zug laufen. Blöd, wer für eine Nacht sein ganzes Gepäck mitschleppt. Der Zug kommt pünktlich, die Abteile sind bequem und einigermaßen geräumig. Es gibt neben „normalen“ Sitzen auch eigene Abteile mit Sitzen für 2 oder 4 Personen, sowie Schlafabteile mit oder ohne WC und Dusche. Da ich preislich viel Glück habe, kostet mich der Spaß im eigenen Schlafabteil mit WC und Dusche komplett unter 150 Euro.
Kurz nach 23 Uhr rollt der Zug los und gegen halb 8 wache ich auf, schaue raus und erlebe in Oulo den ersten Stopp mit. Um 11 kommt der Zug an der Endstation in Rovaniemi an und beim Warten aufs Ausladen der Autos fängt es schon leicht an zu regnen. Das ist Wetter, wie ich es befürchtet aber nicht erhofft habe. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, allerdings schon ein Kontrast zum Sommer in Helsinki.
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Rovaniemi – Muonio
Rovaniemi liegt direkt auf dem Polarkreis, ist die Hauptstadt von Lappland und hat mehrere interessante Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die erste führt mich zu einem Spielplatz. Angry Birds wurde tatsächlich von einer Firma aus dieser Stadt erfunden und der Spielplatz ist komplett im Stil der Vögel gehalten. Kein Wunder, dass er wenig später vom örtlichen Kindergarten gestürmt wird.
Nach der zweiten Berühmtheit wurde der Hauptplatz nach deren Sieg beim Eurovision Song Contest 2006 benannt: Lordi aukio (Lordi-Platz). Netterweise gibt es dort auch einen Virtual. Drum rum ist eine kleine Fußgängerzone mit Geschäften und Restaurants. Stadtkern in mini.
Die wohl bekannteste Berühmtheit in Rovaniemi ist allerdings die dritte: Der Weihnachtsmann wohnt hier. Was sich wie der Traum aller Kinder anhört, ist letztendlich leider nur eine Touristenattraktion. Mit Betonung auf Touristen. Weihnachtsmanndorf, Weihnachtsmannpostamt, Weihnachtsmannhotel. Ich fahre trotzdem die paar Kilometer nach Osten, denn neben einigen Caches verläuft auch der Polarkreis mitten durchs Dorf. Eigentlich ja nicht, aber zumindest ist er dort „eingezeichnet“ und das eignet sich ziemlich gut für Fotos.
Dann mache ich mich aber auf den Weg weiter nach Norden. Ab jetzt ist quasi jeder Cache ein neuer nördlicher. Erstes wichtiges Ziel ist das Skigebiet in Levi. Während der Vorbereitung auf die Reise wurde schon eine Webcam in Rovaniemi wegarchiviert, die in Levi kann ich aber trotz einiger kleinerer Probleme gut loggen. Das Wetter ist weiterhin nicht besonders gut, aber ich bin ja auch nicht mehr im Süden. Leider ist die Zufahrt auf den Hausberg von Levi gesperrt, sodass ich den dort liegenden 2001er Cache nicht suchen kann.
Von Levi dauert es dann nur noch etwa eine Stunde bis nach Muonio, dem Ziel meiner heutigen Etappe. Das ist zwar ein ziemliches Kaff, aber immerhin gibt es dort gleich zwei Supermärkte. Leider bieten beide nichts wirklich Warmes zu essen an. Zum Glück habe ich vorgesorgt und genügend Instantnudeln für unterwegs dabei. Die Unterkunft ist hervorragend – eigentlich hätte ich dort sogar richtig kochen können.
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Muonio – Alta
Nach dem eher einfachen Frühstück hole ich mein Auto und will nochmal in Finnland tanken, weil es in Norwegen abnormal teuer sein soll. Da sich das Motel im selben Gebäude wie die Tankstelle befindet, muss ich nicht weit fahren. Der Pächter der zweiten Tankstelle im Ort scheint aber ein Fuchs zu sein. Zwar versteckt sich diese in einer Nebenstraße, die Preistafel steht aber so, dass man sie von den Zapfsäulen der ersten sieht. So ganz spontan kommt der Schwabe in mir raus und ich spare 2 Cent pro Liter 🙂 Was bei Literpreisen zwischen 1,80 und 1,90 Euro, also aktuell zwischen 10 und 20 Cent teurer als in Deutschland, nicht schlecht ist.
Dann cache ich mich aber weiter. Erst nach Nordwesten, dann ein Stück nach Osten und ab da quasi nur noch nach Norden. Gegen 9:45 Uhr stehe ich an der Grenze zwischen Finnland und Norwegen. Kurz davor befindet sich der Zoll. Es gibt eine grüne Spur und daneben eine rote Spur mit Parkplätzen, etwa für LKWs, die Waren anzumelden haben. Kein Vergleich zu anderen Grenzübergängen. Kurze Zeit später folgt dann die „richtige“ Grenze: Ein paar Kameras, ein Schild für Norwegen in die eine Richtung und eines für Finnland in die andere. Das war’s. Ich bin in Norwegen!
Ich fahre weiter, halte mal kurz an einem See, genieße die Landschaft und das entspannte Fahren. Caches gibt es erstmal keine. Nach etwa 45 Minuten komme ich in die nächste Stadt, Kautokeino, wobei Stadt hier eher in Anführungszeichen gehört. 1500 Einwohner, ein paar Tankstellen, Camping, Supermarkt, Schule. Ich fahre vorbei an einer ursprünglich gebuchten und dann umgeplanten Unterkunft und biege, noch bevor ich die Stadt an sich erreiche, nach rechts ab. Es geht leicht bergauf, bis ich vor einer typisch norwegischen Holzkirche parke.
Entgegen einer norwegischen Tradition aus den 90ern habe ich nicht vor, die Kirche anzuzünden, sondern bin aus einem einfachen Grund hier: Hier hängt der erste Cache, den ich in Norwegen bei starkem Wind finde. Endlich, Länderpunkt Norwegen!
Der Cache am nächsten Stopp heißt Pikefossen, wobei ich „Foss“ direkt richtig assoziiere. Ein wirklich beeindruckender Wasserfall, oder besser eine Stromschnelle, ein Rastplatz, ein Cache, schönes Wetter. Zeit für ein Mittagessen. Entgegen meinem normalen Vorgehen auf Reisen – „wird schon irgendwo ein Bäcker oder ein Supermarkt sein“ – habe ich vorgesorgt. Gaskocher raus, Wasser raus und erstmal ein paar Nudeln und eine kleine Pause.
Die Fahrt geht weiter in Richtung Alta. In der Nähe habe ich eine Unterkunft gebucht. Ich lasse die Stadt links liegen und folge der Europastraße 6. Am nächsten Rastplatz ist der Cache zwar archiviert, hängt aber immer noch dort, wo er hingehört. Viel wichtiger ist aber: Dieser Blick. Diese Aussicht auf den Fjord. Das Wetter spielt heute auch wirklich perfekt mit.
Einen Tunnel später halte ich erneut. Eine Landzunge und inzwischen auch eine Brücke trennen hier Kåfjord (an dem ich auch übernachten werde) und Altafjord. Vor 80 Jahren gab es keine Brücke und die enge Einfahrt in den Fjord reichte aus, um ein mächtiges Schlachtschiff darin zu verstecken. Die Tirpitz, das Schwesterschiff der besser bekannten Bismarck, sollte hier vor allem den Nachschub für die Sowjetunion nach Murmansk unterbinden.
Es gibt ein Museum im Ort und am Rastplatz findet sich neben dem Krater einer Tallboy ein Haufen rostiger Schrott, der angeblich von der Tirpitz sein soll. Das dürfte natürlich Quatsch sein, denn diese wurde bei Tromsø über 200 Kilometer weiter westlich versenkt. Was hier herumliegt, sind unter anderem Teile von 15 cm Schnelladekanonen C/28. Woher sie genau stammen ist unbekannt. Auf jeden Fall sind sie alt, rostig und deutsch.
Eigentlich wäre ich jetzt schon fast an meiner Unterkunft, die wie gesagt an diesem Fjord liegt. Allerdings ist es gerade einmal früher Nachmittag und ich habe noch etwas vor. Bei der Planung fällt mir irgendwann der kleine Ort Isnestoften auf. Eine kurze Recherche bringt hervor, dass er schon in der Steinzeit bewohnt war. Unter anderem wurden in der Nähe auch Felsritzungen gefunden.
Mich hat aber natürlich primär ein Virtual angelockt. Durch diesen habe mich mir mal die Karte näher angeschaut und ein kleines Paradies für geschichtsinteressierte Cacher entdeckt. Es gibt wie gesagt einen Virtual, einen Earthcache, ein paar Tradis, zwei kleinere Powertrails, 20 Labs und ein paar Mysterys. Quasi als Bonus ist das hier Teil des Atlantikwalls und es gibt zumindest Reste von Stellungen und Bunkern zu erkunden.
Ach und die Gegend ist auch noch superschön. Es ist ziemlich schade, dass die meisten der E6 durch den Tunnel folgen und so zwar Zeit sparen, aber schon irgendwie etwas verpassen. Ich parke und mache mich auf den Weg zum Strand. Es war mir nicht direkt klar, was der beste Weg sein würde, aber letztendlich führt ein Pfad direkt vom Parkplatz erst relativ eben, dann bergab, zum Wasser. Der Virtual liegt auf einem Tombolo. Laut Wikipedia ist das ein Dünenstreifen, der eine Insel mit dem Festland verbindet und so zu einer Halbinsel macht oder zwei Inseln miteinander verbindet.
Die Besonderheit an dieser Verbindung aus Sand und Steinen ist, dass der 23. Breitengrad genau dort durchgeht. Diesen „nachzumalen“ ist die Aufgabe des Virtuals. Ich stelle mir das im Vorfeld nicht so ganz einfach vor und habe vor allem Bedenken wegen der Gezeiten. Klar, je näher die Flut kommt, desto einfacher ist es. Bei mir hat der Sandstreifen geschätzt 30 Meter Breite und der Breitengrad lässt sich nach einigen Versuchen doch relativ gut mit einem Wanderstock in den Sand drücken.
Was mich neben der ziemlich einzigartigen Aufgabe und der doch relativ seltenen geologischen Besonderheit überrascht, ist das Meer. Ich befinde mich etwa 400 Kilometer nördlich des Polarkreises. Wer sich darunter nichts vorstellen kann: Der nördlichste Punkt Islands ist auf Höhe desselben. Und ich stehe an einem Strand mit sauberem Sand, umgeben von Bergen und mit absolut klarem Wasser. Ja, es waren tatsächlich ein paar Menschen baden. Ich habe mir das verkniffen, aber ich hätte wirklich Lust gehabt.
Nachdem ich alles erledigt habe, kümmere ich mich um die Labs und schaue mir die Reste der deutschen Stellung genauer an. Diese lief unter der Bezeichnung „MKB 4/514 Alta“ (Marineküstenbatterie) und hätte mit einer zweiten auf der anderen Seite des Fjords den kompletten Altafjord abriegeln können. Bestückt war die MKB ab 1941 mit 3 russische 13-cm-Kanonen, 2 Flak, mehreren 5-cm-Panzerabwehrgeschützen und etwa 100 Mann. Leider sind die Gebäude seit 1944 fast alle ziemlich zerstört, aber der Besuch lohnt sich trotzdem.
Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Ich fahre noch einmal zurück nach Alta, cache, kaufe mir ein Abendessen, beziehe meine Hütte und das wars.
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Alta – Nordkap
Ich wache um 3 Uhr auf und realisiere zum ersten Mal, dass es hier ja nicht wirklich dunkel wird. Draußen ist es taghell, obwohl die Straßenlaterne an ist. Ich lege mich noch ein paar Stunden hin, das wäre mir dann doch etwas zu früh.
Heute ist Sonntag und ich habe etwa 250 Kilometer vor mir. Das klingt nach einem relativ gemütlichen Tag und in weiten Teilen ist es das auch. Das Wetter spielt absolut mit, die Gegend und die Fjorde machen die Fahrt wirklich schön und Verkehr ist hier oben sowieso fast keiner.
Bevor ich Richtung Alta starte, will ich das Tirpitz-Museum zumindest mal von außen gesehen haben, das Denkmal an der Kirche anschauen und den Cache suchen. Ich hätte das Museum gerne einmal besucht, aber die Öffnungszeiten passten leider überhaupt nicht in meine Reiseplanung.
Noch ein kurzer Abstecher in die „Innenstadt“ von Alta für ein paar Fotos von der Nordlicht-Kathedrale und Suche nach einem Frühstück. Auch wenn in Norwegen Sonntags viele Geschäfte offen haben: Ich bin einfach eine halbe Stunde zu früh unterwegs. Und so folge ich nach einem Frühstück von der Tankstelle der E6 nach Nordosten.
Ich komme gut voran und unterbreche die Fahrt hier und da mal für einen Cache. Powercachen geht auf der heutigen Route nicht, aber es sind doch einige nette Stops dabei. Eine Dose an einer Hängebrücke, natürlich am anderen Ende, lässt mich mal wieder testen, ob meine Höhenangst inzwischen wirklich weg ist.
Etwa zwei Stunden später verlasse ich das Festland und fahre durch den Nordkaptunnel auf die Insel Magerøya, auf der das Nordkap liegt. Richtig gelesen. Das Nordkap ist zwar der nördlichste Punkt Europas, den man über eine Straße erreichen kann, aber es liegt auf einer Insel. Und selbst dort ist es nicht der nördlichste Punkt. Der liegt, allerdings nur über eine längere Wanderung erreichbar, etwa vier Kilometer weiter westlich am Knivskjellodden.
Nachdem ich mir die Reste einer im Zweiten Weltkrieg abgeschossenen Iljuschin angeschaut habe, die auch nach 80 Jahren immer noch auf einem Feld liegen, erreiche ich Honningsvåg. Ich habe Zeit genug und entschließe mich, in die Stadt abzubiegen, Caches zu suchen und Souvenirs zu kaufen. Ich habe das Glück, dass hier weder heute noch morgen Kreuzfahrtschiffe ankommen und sich so zumindest die Anzahl der Touristen etwas im Rahmen hält.
Meine Unterkunft ist noch etwa 20 Minuten weiter nördlich. Da ich schon gegen 15 Uhr dort eintreffe, muss ich mich etwas gedulden, bevor ich meine Hütte beziehen kann. Dann kann ich noch ein paar Minuten entspannen, bevor ich mich entschließe, die etwa 11 Kilometer bis zum Nordkap direkt heute zu fahren.
Vorab habe ich offen gelassen, ob ich das Nordkap heute besuche oder morgen früh. Oder mehrfach. Oder, ach keine Ahnung. Die Straße hat es teilweise in sich, auch, weil der Verkehr hier wieder etwas dichter wird und immer mehr Wohnmobile zu sehen sind.
Am Nordkap angekommen, erlebe ich erst einmal die aktuellste Neuerung: Während man bis vor einigen Jahren kräftig für Eintritt und Parkplatz zahlen musste, entfiel beides nach einem Gerichtsurteil 2021. So steht es auch auf vielen Webseiten von Tourveranstaltern.
Passend zu meinem Besuch hat die Gemeinde im Mai 2024 beschlossen, wieder Gebühren einzuführen. NOK 125 (ca. 10,50 Euro) für ein Auto plus NOK 17 (ca. 1,45 Euro) pro Person. Sie nennen das „Outdoor fee“, für mich klingt das eher nach „Sag mal einen Namen, damit wir eine Gebühr erheben können“. Fairerweise muss man sagen, dass die Preise für 24 Stunden gelten und man den Parkplatz (zumindest laut Aussage des Kassierers) auch verlassen und zurückkehren kann. Mir war das in der Planung etwas entgangen, weil man sowas ja natürlich nicht jeden Tag überprüft. Aber egal.
Was wirklich teuer und in meinen Augen auch ziemlich unnötig ist, ist ein Besuch der Nordkapphallen, was nichts anderes als ein Souvenirshop mit angeschlossenem Restaurant und einem kleinen Museum ist. Dieser ist für die Kleinigkeit von NOK 330 (ca. 28 Euro) dann auch nicht wirklich günstig. Wie auch immer, ich fahre nicht Tausende Kilometer und knausere dann wegen 12 Euro rum. Ich denke nur, dass man das vorab wissen sollte.
Ich parke also und laufe vom Parkplatz in Richtung des Plateaus mit der Weltkugel. Zuerst genieße ich aber den Ausblick auf das Europäische Nordmeer und die Barentsee, facetime mit meiner Familie und lasse eine größere italienische Touristengruppe den Globus in Beschlag nehmen. Als auch der letzte diesen beklettert hat, stelle ich mich davor. Ich mache ein paar Selfies, werde von einer netten Österreicherin, die mit dem Fahrrad von Wien kam (soll mal jemand sagen, Plastikdosen im Wald zu suchen, wäre abgedreht), fotografiert und bin eigentlich am Ziel meiner Reise.
Eigentlich. Das Nordkap ist zwar auf dem Papier das große Ziel, aber eigentlich ist es nur Mittel zum Zweck. Hier passt der abgedroschene Satz, dass der Weg das Ziel ist, relativ gut. Der Norden Finnlands und vor allem Norwegens hat mir bisher wirklich sehr gut gefallen. Ich sammle die Dosen drumrum ein, logge die Lab Adventures und nach 90 Minuten habe ich alles hier oben gesehen.
Wie ich schon gemerkt habe, ist das Schöne an dieser Zeit des Jahres ja, dass es nicht wirklich dunkel wird. Also habe ich quasi kein zeitliches Limit, was Aktivitäten angeht. Für ein Abendessen ist es sowieso noch zu früh, also entschließe ich mich, meinen „Wäre interessant, wenn noch Zeit ist“-Plan umzusetzen. Ich fahre ins selbsternannte nördlichste Fischerdorf der Welt nach Skarsvåg. Von dort kann man nach einer kleinen Wanderung die Felsformation Kirkeporten bestaunen. Neben dem beindruckenden Felsen und einem schönen Ausblick in Richtung Nordkap gibt es dort auch einen Tradi und einen Earthcache.
Die Wanderung ist bis auf die Höhenmeter nicht sonderlich schwer und vor allem auf dem Rückweg sehe ich einige Rentiere, die nur wenige Meter von mir entfernt fressen. Ich überlege, wohin ich zum Abendessen kann. Die Auswahl ist ziemlich eingeschränkt, es gibt nur zwei Restaurants in Skarsvåg und eines an meiner Unterkunft. Der Name („In Cod we trust“ :)) überzeugt mich und hält, was er verspricht. Die Portion Fish & Chips ist ordentlich, schmeckt super, der Preis von etwa 24 Euro ist für Norwegen nicht teuer und die Auswahl an Gerichten sowieso klein. Ganz kurz überlege ich, ob ich nicht die Königskrabben nehmen soll (immerhin bin ich im Urlaub!), verkneife mir sie dann aber. Über 60 Euro waren wir dann doch etwas zu viel.
Nach dem Essen verziehe ich mich in meine Hütte, quasi 12 Stunden unterwegs reichen dann auch. Morgen geht es wieder in die andere Richtung. Nach Süden.
Impressionen
Aufgrund der Menge an Eindrücken habe ich mich dazu entschlossen, diesen Bericht auf mehrere Beiträge aufzuteilen. Weiter gehts mit Teil zwei.
Ich hoffe, dir hat mein Reisebericht gefallen. Falls du Fragen hast, ab damit in die Kommentare!
Sehr schöner Reisebericht, der Lust macht, Norwegen zu besuchen. Dort müsste ich auch mal noch hin 😉