Auf den Spuren von Einheit und Brüderlichkeit
Geocaching auf dem Balkan
Teil 1: Stuttgart – Zagreb – Dubrovnik – Kotor – Podgorica – Tirana
Teil 2: Tirana – Prishtina – Skopje – Tetovo – Belgrad
Teil 3: Belgrad – Brcko – Slavonski Brod – Vukovar – Ljubljana
Teil 4: Fazit, Fragen und Antworten
Persönliches Balkan- und Jugo-Fazit
Nachdem ich 2022 schon ein kleines Fazit zu meinen Reisen durch Ex-Jugoslawien gezogen habe, kann ich jetzt wirklich sagen, dass ich überall auch etwas ausführlicher war. Ein persönliches Fazit bleibt aber schwer und ist natürlich nur auf meine Erfahrungen bezogen.
Alles in allem war ich natürlich viel öfter und flächendeckender in Slowenien und vor allem Kroatien, als im Rest der Staaten. Trotzdem habe ich im Laufe der Jahre 2021, 2022 und jetzt Anfang 2024 alle Länder mehrfach besucht, die bis 1991 als Teilrepubliken die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija) bildeten. Plus die ehemalige Sozialistische Autonome Provinz Vojvodina. Und auf dieser Tour kam dann noch die ehemalige Sozialistische Autonome Provinz Kosovo dazu.
Auch wenn ich hier oft von Ex-Jugoslawien rede, so ist dieses Land natürlich seit spätestens seit 2003, allerallerspätestens seit der Unabhängigkeit Montenegros 2006 Geschichte. Zumindest offiziell. In vielen Köpfen steckt es sicher noch drin und viele Menschen trauern ihm aus verschiedenen Gründen auch noch hinterher.
Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der das einfach alles „Jugos“ waren. Was im Gegensatz zu manchen Gegenden aber nicht als Schimpfwort, sondern einfach als Kurzform für „Jugoslawen“ verwendet wurde. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass quasi über Nacht in Schule und Freundeskreis keine Jugos mehr, sondern Kroaten oder Bosnier waren. Oder bosnische Serben. Oder kroatische Bosnier, deren Mutter als Serbin in Slowenien geboren wurde und der Vater in Mazedonien geborener Montenegriner war. Verwirrt? Ja, ich auch. Daher schwanke ich gedanklich immer mal zwischen „Ex-Jugo“ und „heutigem Land“. Man möge es mir verzeihen.
Wenn ich eines der Länder hervorheben müsste, würde ich es mir selbst bei der Auswahl wahnsinnig schwer machen. Jedes der Länder hat seine schönen (und ja, auch seine weniger schönen) Seiten. Und alle Länder sind verschieden, auch wenn es einige Gemeinsamkeiten gibt.
Slowenien ist für mich eher sowas wie „Österreich mit ausländischen Straßenschildern“ (und das ist nicht böse gemeint). Die Slowenen mögen es mir verzeihen, das Land fühlt sich einfach nicht nach Balkan an. Der Standard ist relativ hoch, es fehlt irgendwie ein wenig von diesem Entspannten. Kriegen wir hin, nema problema! In Kroatien ist das vor allem im Osten und an der Küste eher vorhanden.
Spätestens ab Bosnien-Herzegowina fängt für mich dann richtig das an, was man hier unter „der Balkan“ versteht, inklusive Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit. Nicht, dass es die weiter westlich nicht geben auch würde. Aber anders. Je weiter man nach Osten kommt, desto mehr Balkan-Erfahrung kann man sammeln.
Zu Serbien konnte ich bisher recht wenig schreiben. Inzwischen habe ich einiges von diesem Land gesehen, aber so wirklich richtig warm bin ich damit noch nicht geworden. Nicht falsch verstehen: Ja, mir hat es dort gefallen, vor allem Belgrad war definitiv eine Reise wert. Aber dieses „da will ich unbedingt nochmal hin“ fehlt mir aktuell. Vielleicht ändert sich das noch. Man kann Länder ja mehrfach bereisen.
Von Montenegro haben wir bei der ersten Reise im Januar 2022 mehr oder weniger nur die Bucht von Kotor gesehen. Das reichte für mich aber aus, um diese Ecke auf eine „Schönste Gegenden Europas“-Liste zu schreiben. Und das war auch einer der Gründe, wieso ich erneut dort hin wollte. Montenegro bietet aber nicht nur gigantische Ausblicke, sondern auch haufenweise alte österreichische Festungen, die man fast alle mehr oder weniger einfach besuchen kann.
Wirklich positiv überrascht haben uns sowohl Albanien, als auch der Kosovo. Albanien war rund um den Ohridsee schrecklich heruntergekommen und dreckig, aber wirklich mehr gesehen hatten wir damals nicht. Das hat sich jetzt geändert und vom Verkehr abgesehen war es ein sehr entspanntes und interessantes Land. Im Kosovo war es ähnlich. Schönes Land, sehr nette Menschen und definitiv einen Besuch wert. Klar, man hat natürlich vorrangig Bilder im Kopf, die man während des Krieges gesehen hat. Aber dieser ist bald 25 Jahre her, und natürlich hat sich das Land seitdem ziemlich verändert.
Eines Tages zurückkehren will ich auch an den Ohridsee in Mazedonien. Dieses Land war vor der ersten Reise zu Unrecht so etwas wie die große Unbekannte und wir hatten einen ziemlichen Respekt, weil Unwissen. Auf dieser Reise war es dann relativ entspannt, weil uns nichts mehr wirklich überraschen konnte.
Der Unterschied zwischen Slowenien und Mazedonien war nicht nur innerhalb des Staates Jugoslawien gewaltig, er ist es heute noch. Und natürlich waren nicht alle Länder gleich vom Krieg betroffen oder sind auf demselben Stand des Wiederaufbaus.
Ach, mhh, stimmt, das sollte ja ein Fazit werden. Am Besten besuchst du einfach alle Länder und machst dir selbst ein Bild. Die Gegend bietet sich wunderbar für Roadtrips an, kann aber natürlich auch Stück für Stück erkundet werden. Und für alle, die statt Sokolac, Ajvatovci, Knjaževac oder Pitomača lieber nach Sarajevo, Skopje, Belgrad oder Zagreb wollen, gibt es die Möglichkeit der Städtereisen.
Ach ja: Wer als Cacher einen Anreiz zum Nachmachen braucht, für den habe ich eine Challenge gelegt.
Fragen und Antworten
Nachdem ich immer mal wieder gefragt wurde, wie ich dies und jenes auf meinen Reisen erlebt habe, hier mal eine Auswahl Fragen mit den dazugehörigen Antworten. Ja, manche sind komisch und bei manchen langt man sich an den Kopf. Sie wurden mir aber alle so gestellt. Und die Antworten spiegeln natürlich nur meine Erfahrungen wider.
Würdest du Reisen in alle besuchten Länder empfehlen?
Ausnahmslos ja!
Na gut, okay, Ausnahmen gibt es im Detail dann schon. Will man ans Meer, kommt eigentlich nur Kroatien (oder Albanien) infrage. Ja, Slowenien hat etwas Adria und Bosnien-Herzegowina hat den Neum-Korridor. Und natürlich gibt es Seen, wie den Ohridsee in Mazedonien. Aber die Bade-Auswahl ist einfach in Kroatien größer.
Geschichtlich haben alle Länder mal mehr, mal weniger zu bieten. Man findet in jedem Land den einen oder anderen Lost Place, wenn auch nicht immer bedost. Will man wandern und in die Natur, dann hat aber wahrscheinlich jedes der Balkanländer mehr als genug zu bieten.
Es gibt eigentlich nur zwei Gründe, die dich davon abhalten können, abseits der Touristenecken unterwegs zu sein: 1. Du bist Veganer oder 2. du fährst ein Elektroauto. Bei beidem wirds schwierig und macht auch nicht mehr wirklich viel Spaß.
Daher: Machen. Aber nicht alles auf einmal wollen.
Ich habe gehört, dass Ex-Jugoslawien bzw. der Balkan inzwischen sehr teuer geworden ist. Stimmt das?
Jain. Erstmal gibt es natürlich nicht den Balkan. Wie in jedem Land kommt das sehr stark darauf an, wann man wo ist und was man tun will. Ich hatte in Vukovar eine gefühlte Tonne verschiedener Burek-Sorten plus Kirschstrudel (Štrudle višnja) für zusammen weniger als 4 Euro. Im Gegenzug kann man natürlich in der Altstadt von Dubrovnik schon mal 23 Euro für 10 Cevapi zahlen. Das muss jeder selbst wissen, mein Mitleid hält sich aber in Grenzen, wenn man sich sehenden Auges abzocken lässt.
Natürlich werden manche Preise in der Hochsaison anders sein, als im Januar. Aber wie überall gilt: Geh zwei Straßen vom Touristen-Hotspot weg. Das hat zwei Vorteile: Man bekommt eher authentisches Essen und zahlt keine Touristenpreise.
Kroatien ist preislich (Lebensmittel, Restaurantbesuche) auf einem ähnlichen Level wie Deutschland, Slowenien sowieso. Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sind wohl die Länder, in denen man am Meisten für sein Geld bekommt. Montenegro und Serbien sind etwas teurer, aber genauso wie Albanien immer noch günstig. Kosovo ist in meinen Augen preislich nochmal eine Stufe unter allen anderen Ländern. Hier kann man wirklich für kleines Geld einkaufen und essen gehen.
Was kostet so ein Roadtrip?
Die komplette Tour hat mich inklusive Unterkünfte (meist Ferienwohnungen/Pensionen), Sprit, Maut, Verpflegung etc. für 12 Tage etwa 1200 Euro gekostet. Also durchschnittlich grob 100 Euro pro Tag. Man kriegt das sicher noch günstiger, wenn man bspw. nur Hostels nutzt. Und es geht natürlich auch wesentlich teurer.
Muss ich ständig Geld wechseln?
Nein. Erstens kann man sehr oft mit Kreditkarte bezahlen und zweitens haben inzwischen die meisten der Länder den Euro. Montenegro und Kosovo sogar, obwohl sie gar nicht in der EU sind. Bargeld haben wir nur in Albanien und in Serbien gewechselt, es wäre aber auch ohne gegangen. Ich hatte noch ein paar bosnische Mark übrig, die aber auch nicht nötig gewesen wären.
Wie kommt man sprachlich zurecht?
Englisch geht fast überall. Allerdings wird an vielen Orten auch sehr gut Deutsch, oft sogar besser als Englisch, verstanden. In Istrien und Albanien auch Italienisch. Ansonsten muss man eben auch mal Hände und Füße verwenden. Wie in jedem Land ist es sinnvoll, sich ein paar Brocken anzugewöhnen, sodass man sich zumindest im Restaurant etwas bestellen oder beim Einkauf bedanken kann.
Ich kann ja nicht mal die Schrift lesen, das funktioniert nie!
Doch, tut es. Erstens wird bspw. in Montenegro generell immer mehr in lateinischen Buchstaben geschrieben. Und zweitens sind in allen Ländern oder Landesteilen, die das kyrillische Alphabet verwenden, viele, wenn nicht die meisten, Schilder auch im lateinischen Alphabet beschriftet. Trotzdem kann es nicht schaden, sich ein paar Buchstaben einzuprägen, weil man sich viel zusammenreimen kann.
Und wie ist’s mit Cachen?
Zum Cachen schenken sich alle Länder qualitativ wenig. Kroatien und Slowenien haben je nach Gegend eine relativ große Auswahl an Dosen, in allen anderen Ländern muss man meist nehmen, was kommt. Da lohnt sich dann oft eher der Ort, nicht aber der Cache. Sprich: Super Aussicht und manchmal versiffte Dose. Deshalb kann man gerne mal ein paar Dosen und Logbücher ins Gepäck packen.
Balkan, ist das da nicht wahnsinnig gefährlich?
Ja, natürlich. Wie in jedem Land der Erde kann man überfallen oder ausgeraubt werden. Würde ich mich deswegen daheim einschließen? Natürlich nicht. Ich habe mich nirgendwo auch nur ansatzweise unsicher gefühlt. Natürlich gilt überall: Nach Möglichkeit ohne Politik und „Don’t mention the war!“, denn beides kann eigentlich nur nach hinten losgehen.
Aber auf dem Balkan ist doch…!
Nein. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, aber das Meiste sind Vorurteile. Man hat irgendwas gehört oder gelesen. Von Grenzbeamten, die einen nur durchlassen, wenn ein paar Scheinchen im Pass liegen. Den einzigen Schein, den sie von uns sehen wollten, war der Fahrzeugschein. Und die grüne Versicherungskarte.
Von gestohlenen Autos und an der Ampel abgeschraubten Reifen. Vor allem in Albanien ist doch generell jedes Auto geklaut oder illegal beschafft, wenn es nach den Vorurteilen geht. Dabei gibt es in Tirana so viele (alte und neue) Mercedes, so viele werden woanders gar nicht vermisst^^
Dazu ist „der Balkan“ angeblich relativ eben und es ist immer heiß. Weil ein Bekannter mal im Sommer in Istrien war und das so erzählt hat. Noch falscher kann ein Vorurteil kaum sein. Montenegro hat das „Monte“ jedenfalls nicht wegen der Vorliebe der Einwohner für einen Schokopudding im Namen. Auch im Kosovo waren wir teilweise auf 1500 Metern Höhe. Im Schnee. Und in Belgrad hatte es Minusgrade.
Ein paar Klischees dagegen kann ich durchaus bestätigen: Rakija hilft immer. Gegen alles. Ohne Fleisch (und Brot) geht es selten. Die Cevapi sind überall besser als in Deutschland. Und fast nirgendwo besser als in Bosnien 🙂 Autofahren vor allem in Albanien ist, ähm, leicht chaotisch.
Mehr über Vorurteile, Klischees und über was man sonst balkantechnisch noch reden kann, gibts im Podcast Ballaballa-Balkan. Und interessante Geschichten bei Balkanstories.
Ich hoffe, dir hat mein Reisebericht gefallen. Falls du Fragen hast, ab damit in die Kommentare!