#standwithukraine

Trotz Corona: Geocaching-Urlaub in Polen – Teil 1

Ja, das Jahr 2020 ist ein Seuchenjahr, im wahrsten Sinne. Eigentlich war für August eine Reise in die USA zu den „20 Jahre Geocaching“-Feierlichkeiten gebucht. Eigentlich. Dank des Mexican Beer Virus hatte sich das Thema leider recht früh erledigt. Aufgrund von Zwangsurlaub und Kurzarbeit blieb mir aber nicht nur viel Zeit für Cache-Runden, sondern auch für die Planung eines Sommerurlaubs. Immer die Corona-Zahlen, die Verbreitung und etwaige Einschränkungen bzw. Grenzschließungen im Hinterkopf.

Die Planung gestaltete sich daher etwas aufwendiger. Wobei, eigentlich nicht mal so sehr viel aufwendiger, aber wesentlich spontaner. Ich will gar nicht so weit ausholen, aber zu dieser Reise gehört auch etwas Entstehungsgeschichte dazu. Nachdem sich USA erledigt hatte, machte ich mir Gedanken in alle Richtungen.

Eine Reise ging über Dänemark nach Schweden und Norwegen. Diese Überlegung zerschlug sich aufgrund der damaligen Grenzschließung Norwegens und des Anstiegs von Covid-19-Fällen in Schweden noch bevor ich irgendwelche Unterkünfte gesucht und gebucht hatte.

Die nächste Option war der Balkan: Ich wollte seit Jahren nach Sarajevo und Mostar und wäre ursprünglich auf dem Weg zum Mega in Ljubljana im Mai auch dort hin gefahren. Dadurch war die Reise im Grund durchgeplant, nur die Verteilung der Tage (weil länger Zeit) und einen Schlenker nach Montenegro habe ich noch geändert. Dann stiegen dort die Corona-Infektionen an und gleichzeitig wurden Regeln meines Arbeitgebers aufgestellt, wie ich mich bei Reisen in bestimmte Regionen verhalten muss. Das hätte die Reise nicht unmöglich gemacht, letztendlich war mir das Risiko aber zu hoch.

Also bleibe ich sicherheitshalber innerhalb der EU. Keine neuen Länderpunkte, aber ich hatte mich damit abgefunden. Ein weiteres Thema, das mir schon eine Weile im Kopf rumspukt, ist der Duklapass im Norden der Slowakei. Wer meine Beiträge gelegentlich mal liest, weiß, dass „Geschichte erleben“ definitiv immer dazugehört. Nun liegt der Pass nicht gerade um die Ecke, also habe ich eine Reise drumherum geplant. Über Pilsen und Brünn nach Auschwitz. Von dort über Krakau zum Duklapass, durch die Slowakei nach Ungarn. Das klang schonmal gut. Dann bekam ich mit, dass ein Cacher, den ich 2017 in Cluj-Napoca in Rumänien kennengelernt hatte, einen Event im Nordwesten Rumäniens veranstaltet, der zeitlich genau passen würde. Also wurde ein Schlenker über Zalau mit mehreren Tagen Rumänien eingebaut. Auf der Rückfahrt noch ein Tag Budapest und der Urlaub war fertig. Route geplant, Unterkünfte gebucht, Caches gesammelt, Mysterys gelöst. Und wieder hatte ich Pech: Die Zahlen in Rumänien stiegen, was zum damaligen Zeitpunkt bedeutet hätte, dass ich zwar durch Ungarn hätte fahren dürfen, aber nicht in Budapest hätte übernachten dürfen. Letztendlich war mir auch diese Reise etwas zu riskant.

Raus wollte ich aber auf jeden Fall. Auch raus aus Deutschland. Ich hatte in den letzten Monaten viel von Baden-Württemberg gesehen und war auch dankbar dafür. Nun hat die Politik zwar vorgeschlagen, Urlaub in Deutschland zu verbringen, aber ich hatte keinerlei Lust, an die deutsche Ostsee, den Bodensee oder andere Touri-Hotspots zu fahren. Ich wollte etwas Neues sehen, cachen, gut essen und nach Möglichkeit wenige Menschen dabei treffen. Auf meiner „Places I want to go“-Liste bei Atlas Obscura steht ein Ort, der zum direkt fahren eigentlich immer zu weit war und deshalb auf meiner imaginären „Flug buchen, Mietwagen buchen, hinfahren“-Liste stand: Die Wolfsschanze.

Es ist ja nicht so, dass ich im letzten Jahr nicht schon recht ausgiebig in Polen unterwegs gewesen wäre und dieses Jahr eigentlich überall hinwollte. Nur nicht nach Polen. Aber gut, auf ein Land zu konzentrieren machte vielleicht mehr Sinn. Flugs hatte ich einige Stichpunkte zusammengetragen: Wolfsschanze, Danzig, Mauerwald, Masurischer Kanal. Das waren die Eckpunkte der Planung, die Reise versprach viel Geschichte, viele Caches, an vielen Punkten auch wenige Menschen. Und gutes Essen gibts in Polen ja sowieso. Leider auch sehr kalorienreiches, was vielleicht nicht das Beste sein würde, für jemanden, der gerade am Abnehmen ist (Spoiler: Es war super und ich habe nicht zugenommen!). Aber es würde ein Urlaub nach meinem Geschmack sein. Sollte die Corona-Lage akut werden, wäre ich in einem Tag zurück in Deutschland. Und um die Politik zu beruhigen: Ich würde ja überwiegend in Deutschland bleiben, aber halt in den Grenzen vor 1918 🙂 Scherz bei Seite: Das Risiko erschien mir gering genug.

Die Planung begann und nach einer kurzen Überlegung, ob ich Krakau und Auschwitz noch einmal besuchen sollte, war die Route klar: Stuttgart – Bitterfeld – Posen/Gnesen – Hohensalza – Bromberg – Danzig. Mehrere Tage in Danzig. Danzig – Marienburg – Rastenburg. Mehrere Tage in Rastenburg. Rastenburg – Lomza – Warschau – Lodz – Lagow – Stuttgart. Unterkünfte wurden gebucht, GCTour befüllt und los gings.

Ach ja: Ich verwende normalerweise die deutschen Namen der Orte. Auch wenn sie inzwischen anders heißen, sind sie doch vielen unter ihren deutschen Bezeichnungen geläufiger. Die wenigsten meiner Leser werden beispielsweise schon einmal etwas von Bydgoszcz gehört haben, Bromberg dürfte aber vielen ein Begriff sein. Danzig sowieso (und damit meine ich nicht den ehemaligen Sänger der Misfits).

Die grobe Route durch Polen
Die grobe Route durch Polen

Tag 1: Stuttgart – Bitterfeld

Ich starte nach einem sehr frühen Feierabend noch vor dem Mittagessen. Heute geht es vor allem darum, störungsfrei nach Nordosten zu kommen. Und natürlich unterwegs noch etwas zu cachen. Unter anderem habe ich mir eine witzige Angeldose in der Nähe der Autobahn herausgesucht.

Einen kleinen Umweg nehme ich aber in Kauf, dafür besuche ich Mödlareuth, ein Dorf, durch das die Grenze des geteilten Deutschlands verlief. Es war Vorbild für den TV-Mehrteiler „Tannbach“. Eigentlich war ich nur wegen des Virtuals, und um mich kurz umschauen zu können, dort. Aber ich will auf jeden Fall noch einmal hin, um auch das Freilichtmuseum zu besuchen.

Danach geht es zurück auf die Autobahn, in der Hoffnung, dass ich in keinen Stau komme. Das klappt so gut, dass ich nach dem Einchecken im Hotel am Autohof noch genug Zeit habe, die Labcaches und diverse andere Dosen in Wolfen zu suchen.

Tag 2: Bitterfeld – Posen – Gnesen

Heute wieder ein ähnliches Spiel wie gestern: Erstmal schauen, dass ich gut vorankomme, dann durchschnaufen und cachen. Schließlich habe ich keine Lust, meinen Urlaub auf dem Berliner Ring zu verbringen. Aber meine Befürchtungen sind unbegründet und ich komme schnell in Richtung Osten voran. Unterwegs wird natürlich gecacht, es gibt ein paar nette TB-Hotels noch auf der deutschen Seite.

Schon gegen Mittag bin ich in Posen (pol. Poznań). Zum Glück habe ich noch ein paar polnische Münzen, denn im Gegensatz zu meinen Erfahrungen in Warschau oder Krakau kann ich die Parkgebühr hier nicht mit der Kreditkarte bezahlen. Unter anderem laufe ich durch den Park Dąbrowskiego zur ehemaligen Brauerei Stary Browar (bedeutet passenderweise „Alte Brauerei“), die zu einem großen Einkaufszentrum mit unzähligen Geschäften und Restaurants, aber auch Büros, umgebaut wurde. Ich bin allerdings weder zum Einkaufen, noch zum Essen dort, sondern um den Virtual zu loggen. Der Park ist eigentlich wirklich nett, wenn auch überschaubar. Aktuell finden dort unter Corona-Bedingungen Konzerte statt. Dafür wurden Quadrate auf dem Rasen gesprüht und auch Desinfektionsmittelspender aufgestellt.

Weiter gehts nach Gnesen, einer kleinen Stadt etwa 50 Kilometer nordöstlich von Posen. Für mich ist diese Reise (und auch schon die Planung) immer mal wieder auch ein Aha-Erlebnis, denn einige Straßen in meiner Nachbarschaft haben Namen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Eine der größeren ist die Gnesener Straße. Schön, einmal zu sehen, woher die Straße ihren Namen hat. Seit 1945 heißt Gnesen Gniezno und ist recht überschaubar. Neben einem Cache an der Erzkathedrale gibt es nur noch 3 weitere Tradis im Umkreis.

Als ich mit meinem Programm durch bin, merke ich, dass es quasi keine Restaurants mit lokaler Küche gibt, die aktuell geöffnet haben. Die naheliegendste Alternative, nämlich im Hotel zu essen, fällt leider auch weg. Ein Zapiekanka-Imbiss schließt mir vor der Nase die Tür zu und ich befürchte schon, beim großen M essen zu müssen. Zum Glück schau ich dort auf dem Parkplatz noch einmal, ob Google Maps vielleicht nicht doch noch etwas außer italienischen oder chinesischen Restaurants findet. Okay, Burger sind jetzt nicht typisch polnisch, aber der Besuch bei Dobry Browar hat sich trotzdem gelohnt. Die Burger sind um Klassen besser als bei McD und kleine Brauereien kann man ja immer besuchen.

Tag 3: Gnesen – Hohensalza – Bromberg – Danzig

Heute habe ich einiges vor. Die Strecke nach Danzig ist mit etwa 300 Kilometern nicht das „Problem“, aber ich will ja auch etwas sehen und fahre deshalb nicht auf direktem Weg. Wie so oft lasse ich mich von Virtuals leiten, sodass ich heute zwischen Gnesen und Bromberg noch einen Schlenker über Hohensalza einbaue.

Auf dem Weg nach Hohensalza (pol. Inowrocław) komme ich zuerst in Barcin vorbei, weil es hier gleich zwei Virtuals gibt. Der eine zeigt eine schön Aussicht auf die Stadt von einem Berg mit einem Denkmal aus. Der andere ist körperlich weniger anstrengend und befasst sich mit dem Denkmal eines Schriftstellers. Allerdings ist der Owner in meinen Augen sehr pingelig, denn er verlangt nicht nur ein Foto, sondern ein Foto inklusive eines Zettels mit Nicknamen, Datum und Uhrzeit (!) des Besuchs. Dieselbe Art Owner hat mir im letzten Jahr schon ein Log in Lodz gelöscht (Spoiler: Ich habe mich gerächt und dieses Jahr seeeehr korrekt geloggt^^). Listing lesen wird überbewertet, ich weiß.

Wenig später komme ich in Hohensalza an und werde überrascht: Das Final eines Wherigos liegt in einem Museum. Da man aufgrund Corona die Räume nicht einfach so betreten darf, frage ich an der Kasse nach einem Geocache. Die Dame versteht nur Bahnhof und entschuldigt sich, dass sie so gut wie kein Englisch spricht. Ich tippe gerade meine Frage in die Google Translate App, als sie wissen will, „Where from?“ ich bin. Als sie mein „Niemiecki“ hört, fängt sie plötzlich an, mir in sehr gutem Deutsch zu erklären, wo sich die Kiste befindet und dass ich mir Zeit lassen kann. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet! Das zeigt aber mal wieder, dass ein paar Brocken Landessprache Türen öffnen können.

Weiter gehts nach Bromberg (pol. Bydgoszcz), wo sich quasi alles um den 18. Längengrad dreht, der hier direkt durch den Marktplatz verläuft. Dementsprechend gibt es natürlich einen Virtual und auch einen Mystery zu diesem Thema. Beide Caches können recht gut gemeinsam gelöst werden. Das Final des Mysterys befindet sich dann am Ausgangspunkt – wie so oft in Polen und Tschechien – in der Touristeninformation. Ich starte und beende meinen Rundgang aber nicht am Marktplatz, sondern an einem weiteren Virtual direkt am Fluss Brahe, der einem drei Speicherhäuser näherbringt.

Noch ein kleiner Schlenker über Graudenz (pol. Grudziądz), ja, natürlich wegen eines Virtuals, und schon fahre ich auf der Autobahn A1 weiter in Richtung Norden. Nachdem ich ein paar Tradis und einen sehr interessanten Wherigo im Süden von Danzig gespielt habe, checke ich in mein Hotel ein. Etwas ausruhen, Abendessen und schon geht es noch auf einen kleinen Ausflug zur nächtlichen Lotos-Raffinerie. Grund ist natürlich mal wieder ein Virtual.


Aufgrund der Länge der Reise und der Menge an Eindrücken, habe ich mich entschlossen, diesen Bericht in mehrere Beiträge aufzuteilen. Weiter gehts mit Teil zwei.

Ich hoffe, dir hat mein Reisebericht gefallen. Falls du Fragen hast, ab damit in die Kommentare!

Schreibe einen Kommentar